Donnerstag, 29. November 2007

Si, yo vivo!


Ja, ja, ja... ihr macht euch bestimmt Sorgen, nach den ganzen Berichten im TV über Putschversuche in Bolivien, Schiessereien an der peruanischen Grenze zu Bolivien, dem Wiederaufflammen des Leuchtenden Pfades im Norden Peru´s, Erdbeben in Chile, die bis Arequipa spürbar waren und Gerüchten, dass unser Hausvulkan Misti bald ausbrechen wird...
Aber - ich lebe noch, und das sehr gut sogar ;-)
Seit einigen Wochen bin ich quasi Nachbarin des deutschen Konsuls (der übrigens Amerikaner ist), hab gut und gerne 3 Kilogrämmchen zugenommen, geniesse die ersten Schneefälle auf den Vulkanen (ja! Es hat sogar schon einmal geregnet vor ein paar Tagen... leider ein Tropfen auf den heissen Stein) und bin sehr damit beschäftigt, unsere neue Homepage zu gestalten (die morgen online gehen soll)... Mann, was für ein Monat! Letzten Donnerstag wurde die neue viventura-Seite online geschaltet, und plötzlich war unser viSozial-Blog im Internet weg... gestern ist er zum Glück wieder aufgetaucht und wir konnten mit unserer Arbeit fortfahren. Die Infos über unsere Sozialprojekte sind nun sehr viel ansprechender gestaltet, mit vielen neuen Fotos und sogar Videos zu den Projekten.

Also ob dies nicht genug gewesen wäre, musste ich nebenbei noch unsere Weihnachtskampagnen in Arequipa, Puno und Capachica organisieren. Wir entschiden uns, allen Kindern warme Fleecejacken zu schenken, doch dies zu managen, war ein größerer Aufand als gedacht, denn ich musste erst mal alle Größen der Kleinen ausfindig machen. Die meisten Projekte liegen allerdings 8 Stunden von Arequipa entfernt, dort gibt es kein Telefon geschweige denn Internet und somit hapert es oft an der Kommunikation... Ende gut, alles gut, wir konnten die Jacken für über 500 Kinder bestellen und werden sie morgen abholen.

Am Sonntag fahren wir dann nach Capachica (bei Puno) am Titikakasee, veranstalten Fussballtourniere, zeigen, wie man sich die Zähne putzt, eine Ernährungswissenschaftlerin hält Vorträge über richtige Ernährung und natürlich werden auch Geschenke an die Kinder verteilt. Übernachtet wird bei den Familien in ihren Adobehütten (aus ungebranntem Lehm) und da kann es dann nachts so richtig kalt werden... brrr... ich freu mich jetzt schon auf die Kakerlaken...

Damit nicht genug: Wir kommen am Dienstag nacht zurück und Donnerstag werde ich mit einer Freundin für 6 Tage nach Brasilien fliegen. Zuerst besuche ich dort eine Freundin in Sao Paulo, die ich damals im Hofbräuhaus kennengelernt habe, danach fahren wir mit dem Bus (4 Stunden) nach Rio de Janeiro: Sex (naja, den Männern darf man ja wohl noch hinterher gucken, oder?), Drugs (Caipi) and Samba!!!

Vielleicht liegt es an meinem schlechten Verhandlungsgeschick, aber leider muss ich über Weihnachten-Neujahr arbeiten. Wie ich die Feiertage verbringen werde, ist noch ungewiss: ich seh mich schon mit einer Flasche Pisco und einem Burger einsam vorm Fernseher liegen, aber ich hoffe, so schlimm wirds nicht kommen. Aber, alles nicht so schlimm, am 28. Januar kommt mich Jochen endlich besuchen, wir haben einen tollen Trip durch Peru geplant.

Ich drück euch alle ganz doll und lasst mal wieder von euch hören!

Dienstag, 6. November 2007

Grupo 5 in La Paz

Evo-Huevo: Nur Helden essen Eier, und wir sind Helden...

Die Tour glich einer Odyssee... Mit 12-stündiger Verspätung erreichten wir endlich La Paz/Bolivien. Leider hatten wir dadurch auch einen ganzen Tag verloren, und konnten nicht wie geplant das Strassenkinderprojekt und das viventura-Büro besuchen. Die Fahrt zog sich ewig hin, und wir befürchteten sogar, an der Grenze im Bus übernachten zu müssen, weil diese nämlich normalerweise abends um 20h schliesst, es aber schon nach 23h war. Auch hatten einige Tage zuvor Strassenkämpfe stattgefunden, bei denen scharf geschossen wurde. An der Grenze bangten alle um ihr Visum, unsere 2 Franzosen Nico und Christine mussten sogar den Grenzbeamten bestechen, so dass sie uns Land gelassen wurden...ja, hier sind leider alle korrupt...


Mitten in der Nacht erreichten wir endlich die Stadt, doch da das Terminal schon geschlossen war, wurden wir mitten auf der Strasse abgesetzt. Keiner hatte die Landeswährung Bolivians zuvor umgetauscht, weil wir davon ausgegangen waren, dass wir dies noch bei Ankunft tuen könnten... dem war leider nicht so, und wir mussten die Taxifahrer überreden, uns auch für 'Dollar' mitzunehmen. Das Hotel war die letzte Absteige, aber für 3 Nächte war es durchaus in Ordnung und billig hinzu (2.50$ pro Person und Nacht).

Nach einer Mütze voll Schlaf sah die Welt am nächsten Morgen doch schon wieder viel besser aus. Wir gönnten uns ein Luxusfrühstück mit frischen Säften, Pancakes, Eiern, Milchkaffee und allem drum und dran für unglaubliche 3 Euro! Danach gings ins Stadtzentrum, vorbei an alten Kolonialbauten, halb zusammengestürzten Häusern, im Hintergrund die verschneiten Berge der Anden - traumhaft.

Nachdem wir uns zur Mountainbiketour am folgenden Tag angemeldet hatten, erkundeten wir die Stadt und besuchten das Coca-Museum.Erstaunt hat mich, dass man fast 1 Tonne (!) Cocablätter benötigt, um ein Gramm Kokain daraus herzustellen. Coca ist hier in den andinen Ländern ein alltägliches Mittel, um die Höhe, Arbeit und die Lebensbedingungen besser ertragen zu können, gilt jedoch nicht als Droge. Es wird in die Backentaschen geschoben und einige Stunden gekaukt, bis sich der gewünschte Effekt einstellt (verringert die Müdigkeit, ermöglicht die Mehraufnahme von Sauerstoff, etc.).



Kaum zu glauen aber wahr: unsere Jungs Ulf und Dennis legten einen regelrechten Shoppingmarathon hin, während wir Mädels schon fix und fertig von einem kalten Glas frischem Orangensaft träumten. Aber auch ich war erfolgreich und erstand mir Schmuck, eine Ledertasche, T-shirts (La hoja de coca no es droga!) und einige kleine Figürchen als Mitbringsel.


Für unser Durchhaltevermögen wurden wir mit einem leckeren Abendessen belohnt. Ich bestellte mir Quinuaauflauf. Quinua ist ein Andenkorn (auch Andenreis genannt), sehr nahrhaft und voll im Geschmack.

Nach der Einweisung in die Mountainbiketour, gönnten wir uns einen Kinobesuch (1,50$): Evo Morales. Dies ist der heutige Präsident Boliviens und der erste Einheimische, der als Staatsoberhaupt in Südamerika gewählt wurde. Aus diesem Kinobesuch entwickelte sich unser running-gag: evo-huevo, nur Helden essen Eier - und wir sind Helden! Es lebe Grupo 5!
Bei einem Guerillakrieg wurde Evo schwer verletzt, lag im Graben und schluchzte nur noch 'eieiei' (=aua auf spanisch). In der nächsten Szene wird er zu einem Freund getragen, und anstatt der erst einmal seine blutenden Wunden versorgt, kocht er ihm erst einmal ein Ei. Daraus schlossen wir: Nur Helden essen Eier...

Am nächsten Tag (und eine ungemütliche und kalte Nacht später) ging es endlich auf zu unserem grossen Abenteuer, auf das wir uns schon tagelang freuten: eine downhill-tour auf der Strasse des Todes (camina de la muerte). Ich muss sagen, die Luft wird ganz schön knapp auf 4800m... es ist ein Gefühl, als ob einem jemand auf den Brustkorb drückt. Zum Glück erging es keinem wirklich schlecht, aber ich fühlte mich an diesem Tag einfach nicht wohl. Ich war froh, als die Ausrüstung in La Cumbre verteilt wurde und wir uns auf den Weg nach unten machten. Der Landschaftswechsel innerhalb nur kurzer Zeit war faszinierend. Zuerst fuhren wir durch eine Art Steinwüste, doch schnell wurde das Gras immer dichter und unten auf 1600m angekommen, befanden wir uns in üppigem Regenwald, mit Schlingpflanzen, bunten Vögeln und... Moskitos...
Die Strasse hat ihren Namen verdient: auf jeden Kilometer kommen bisher 20 Tote! Dies hängt damit zusammen, dass früher (bevor die Umgehungsstrasse gebaute wurde) sich tonnenschwere LKWs beladen mit Früchten vom Tal den Hang hinauf quälten und es kaum Platz für entgegenkommende Fahrzeuge gibt. Hinzu kam, dass die Fahrer oft unter Alkoholeinfluss standen oder übermüdet waren. Zu tötlichen Fahrradunfällen kam es bisher nur 2 mal (aber auch hier standen die biker unter Drogeneinfluss oder gehorchten nicht den Anweisungen der guides). Ich empfand die Tour als sehr anstrengend, mag aber auch daran gelegen habegn, dass ich mich den ganzen Tag nicht wirklich fit fühlte. Als meine Konzentration langsam schwand, und auch Schokoriegel nix mehr halfen, liess ich mich die letzten Kilometer mit dem Begleitbus mitnehmen. Unten angekommen, waren alle stolz darauf, es geschafft zu haben, wenn auch mit wundem Hintern, schmerzenden Knien und voller Moskitostiche.

Hier noch der link zu meinem webFotoalbum und einigen Bildern von La Paz:

http://picasaweb.google.com/lena.buehler/LaPaz

Ah, und bevor ichs vergesse: Zur Grupo 5 gehören: Angela und César (zwei Peruaner, Angela arbeitet bei vivenura Peru), Nico und Christine (zwei Franzosen, sie arbeitet als guide für französische Gruppen), Suzie (unsere Freiwillige im Blindenzentrum in Puno), Alivey (alias speedy gonzales), Dennis (arbeitet momentan mit Alivey bei Polysius in Mollendo), Ulf (unser Programmierprakti), Marc y Marc (der Freund meiner Chefin Isabel und ein Freund aus Deutschland) UND ... ICH